Engagement im Ehrenamt

Der Freundeskreis Musik und Denkmalpflege
in Kirchen des Merseburger Landes e.V. und die Restaurierung
der großen Ladegast-Orgel im Dom zu Merseburg

Im Jahre 1991 gründete sich im unweit von Merseburg gelegenen Burg-liebenau, angeregt von der erfolgreichen Restaurierung der kleinen Barockkirche und der darin befindlichen Orgel, der Freundeskreis Musik in der Barockkirche Burgliebenau. Zu einer daraus sich ergebenden Konzertreihe „Musik in der Barockkirche Burgliebenau“ kam schon 1992 auf Anregung des damals in Burgliebenau ansässigen Gewandhausorganisten Michael Schönheit eine weitere Konzertreihe „Orgelsommer in Kirchen des Merseburger Landes“ hinzu. Sie war mit einer Bestandsaufnahme der Orgeln im Merseburger Land verbunden, an der mit Michael Schönheit zeitweise auch Martin Rost, damals noch Organist an der Konzerthalle in Frankfurt/Oder, und als Kirchenmusiker aus dem Landkreis Eva Ernst, Immo Bernstein und Tilo Lützkendorf, dazu als Denkmalpfleger der Kreiskonservator Dr. Peter Ramm beteiligt waren.

Folgerichtig mußte nun für den Verein auch ein neuer Name gefunden werden: Seit 1992 heißt er „Freundeskreis Musik und Denkmalpflege in Kirchen des Merseburger Landes e.V.“. Der zugegebener Maßen etwas sperrige Vereinsname benennt seine Ziele: Er will in den Kirchen des Merseburger Landes die Musik pflegen und sich um die – nicht nur dafür – notwendige Denkmalpflege an Kirchen und vor allem Orgeln bemühen.

Und das tut der Verein, indem er sich denkmalpflegerisch für die Bewahrung und den Erhalt der reichen Orgellandschaft gemeinsam mit den Ortsgemeinden kümmert und mit Konzerten eine breite Öffentlichkeit für dieses Bemühen zu interessieren versucht. Das ist bisher großartig gelungen. So konnten gemeinsam mit der Denkmalschutzbehörde des Landkreises allein in den 1990er Jahren mit Hilfe von Spenden, Sponsorengeldern und Fördermitteln neun Orgeln im Landkreis ganz oder teilweise restauriert werden, darunter allein fünf Ladegast-Orgeln.

Der „Orgelsommer im Merseburger Land“ und die „Konzerte in der Barockkirche Burgliebenau“ – beide 2015 in ihrem 24. Konzertjahr – haben als fester Bestandteil des Musiklebens über den Landkreis hinaus ein großes Publikum erreicht.

Drei Persönlichkeiten ist es vor allem zu danken, daß dies alles auf den Weg gebracht werden konnte: dem Gewandhausorganisten Michael Schönheit, der sein Zuhause in Burgliebenau gefunden hatte und 1996 Hans-Günther Wauer in das Amt des Merseburger Domorganisten nachfolgte, Dr. Peter Ramm, als Kreiskonservator ein engagierter Denkmalpfleger und damals Stadtverordnetenvorsteher im ersten frei gewählten Merseburger Stadtparlament, und nicht zuletzt dem Burgliebenauer Künstler Hans Rothe, der der Barockkirche mit ihrer bauzeitlichen Ausstattung und ihrer herrlichen Deckenmalerei wieder zum alten Glanz verholfen hat.

Ab 1994 übernahm der Freundeskreis, unterstützt von der Stadt Merseburg, zusätzlich die Trägerschaft der von Hans-Günther Wauer begründeten und weithin bekannt gewordenen traditionsreichen „Merseburger Orgeltage“, die in schweres Fahrwasser geraten waren, da weder der Kreis, der sie seit Jahrzehnten ausgerichtet hatte, noch die Stadt Merseburg sich dazu weiter imstande sahen.

Bereits diese ersten, von Michael Schönheit konzipierten Orgeltage in Trägerschaft des Vereins waren mit einem Symposium verbunden, auf dem namhafte Organisten, Orgelbauer, Denkmalpfleger und Musikwissenschaftler über Geschichte, Bestand und Restaurierungsmöglichkeiten und Ziele der dringend gebotenen gründlichen Restaurierung der großen Ladegast-Orgel diskutierten.

Daß unser Freundeskreis aber etwa 10 Jahre nach seiner Gründung selbst einmal in so große Verantwortung treten würde, die die Sanierung einer der größten Kirchenorgeln Deutschlands nun einmal mit sich bringt, hat sich wohl selbst Domorganist Michael Schönheit kaum vorstellen können, der seit der Vereinsgründung sein Vorsitzender ist. Seit seiner Amtübernahme als ehrenamtlicher Domorganist war es der dringliche Wunsch Schönheits, die längst fällige Restaurierung der historischen Ladegast-Orgel in die Wege zu leiten.
1994 bestimmte das Symposium als Ziel, das Instrument so weit als möglich in den Zustand von 1866 zu versetzen, in dem Ladegast uns dieses für die europäische Musikgeschichte so bedeutsame Instrument hinterließ. Ein ehrgeiziges Ziel!

Es war schließlich der Freundeskreis Musik und Denkmalpflege in Kirchen des Merseburger Landes e.V., der die Wege zur Finanzierung dieses wichtigen Vorhabens suchte und auch fand. Dabei war von vornherein klar, daß ohne Förderung durch die Öffentliche Hand die Sanierung gar nicht erst hätte in Angriff genommen werden können. Schließlich ging es um einen Kostenaufwand von rund 2,5 Millionen DM!

Anfänglich blieben viele Türen, an die geklopft wurde, verschlossen. Ein Verein als Antragsteller von Fördermitteln für eine Domorgel? Gehören dem Verein etwa der Dom und seine Orgel? Unmöglich! Fördermittel erhält, wenn überhaupt, der Eigen-tümer. Erst mit einem „Ermächtigungsschreiben“, einer Vollmacht wenn man so will, des damaligen Dechanten der Vereinigten Domstifter zu Merseburg, Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz, Professor Dr. Ernst Schubert, dass der Verein im Sinne des Eigentümers berechtigt sei zu handeln, war der Damm gebrochen. Natürlich war das auch ein großer Vertrauensbeweis, den die Domstifter dem Verein entgegenbrachten. Zahlreiche Gespräche im Kultusministerium von Sachsen-Anhalt ebneten den Weg, Zusagen für Mittel des Kulturinvestitionsprogramms der Europäischen Union und Fördermittel der Bundesrepublik für das Restaurierungsvorhaben zu erlangen. Ohne das engagierte Mittun des Ministeriums und später des Landesförderinstitutes Sachsen-Anhalts wäre das Vorhaben auf Jahre hinaus verschoben worden.

Jeweils 750.000 DM der EU und des Bundes bildeten nun die Grundlage des Finanzierungsplanes, der in alleiniger Verantwortung des Vereins zu erstellen war und für den der Verein letztendlich auch juristisch verantwortlich war. Aber – das war geschafft, nun konnte mit weiteren Fördermittelgebern verhandelt werden. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat so dankenswerter Weise die Restaurierung des prächtigen barocken Prospekts finanziert, die Lotto-Toto-GmbH Sachsen-Anhalt konnte davon überzeugt werden, daß mit der Merseburger Domorgel ein überragendes Kulturdenkmal dringender Förderung bedurfte. Nicht zu vergessen sind die finanziellen Hilfen der Vereinigten Domstifter, der Kirchenprovinz Sachsen, sowie des Kirchenkreises und des Evangelischen Kirchspiels Merseburg. Allein der ausschließlich ehrenamtlich arbeitende Freundeskreis Musik und Denkmalpflege brachte über 300.000 DM an Spenden- und Sponsorengeldern auf. Vor allem Firmen der Region, wie die Merseburger Stadtwerke, IKEA Günthersdorf oder DOW Chemical und die TOTAL Raffinerie unterstützten das Restaurierungsvorhaben tatkräftig.
Zahlreiche Benefizkonzerte zugunsten der Ladegast-Orgel, die ganz wesentlich von der Kreissparkasse Merseburg-Querfurt, aber nicht zuletzt vom großen Engagement des Lions-Clubs und des Rotary-Clubs getragen wurden, haben auch die Merseburger Bürger und ihre Gäste angesprochen, für „ihre“ Orgel zu spenden.

Diese vielen Bemühungen waren es schließlich, die im Jahre 2000 dazu führten, daß das Finanzierungsvorhaben gesichert schien und die notwendigen Geldmittel verfügbar waren. So konnte nach den notwendigen Voruntersuchungen und sonstigen Vorbereitungen im Jahr 2001 entsprechend des Zieles die mehrjährige Restaurierung der Ladegastorgel im Dom zu Merseburg beginnen, nachdem zu den Orgeltagen 2000 symbolträchtig zu den Klängen der Abschiedssinfonie von Joseph Haydn eine große Prospektpfeife ausgebaut worden war.

Für die Orgelbaufirmen Eule, Scheffler und Wegscheider wurde der Verein nun vertrauensvoller Partner eines Vorhabens, das es in dieser Bündelung von Erfahrungen bei der Restaurierung historisch bedeutsamer Kirchenorgeln so wohl vorher noch nicht gegeben hatte. Im Auftrag des Vereins übernahm das Hallesche Architekturbüro Bräunig die Bauplanung und –überwachung.

Als mit dem glanzvollen Eröffnungskonzert des Leipziger Gewandhausorchesters unter der Leitung von Herbert Blomstedt im September 2004 die 34. Merseburger Orgeltage eröffnet wurden, begann  die „Krönung einer Königin“, so das Motto des Orgelfestivals. Die Restaurierung war äußerst erfolgreich beendet worden, das Urteil der Fachwelt eindeutig:
Klangbild und Intonation entsprachen, so weit nachvollziehbar, dem Original von 1866. Der Stolz in den Gesichtern der Orgelbauer bei der Präsentation des Instruments zu den Orgeltagen durch die Mitglieder der Restaurierungskommission Dr. Peter Ramm, Prof. Dr. Reinhardt Menger und Prof. Dr. Hermann J. Busch war mehr als verdient.

Aber nicht nur die Orgelbauer konnten stolz auf Geleistetes schauen – eine der schönsten Kirchenorgeln Deutschlands erklang wieder so, wie sie Friedrich Ladegast fast 150 Jahre zuvor mit seinen genialen handwerklichen und klanglichen Vorstellungen geschaffen hatte. Auch der Verein Musik und Denkmalpflege in Kirchen des Merseburger Landes e.V. kann mit Recht stolz darauf sein, daß dank seines engagierten Wirkens der Merseburger Dom wieder über eine Orgel verfügt, die in ihrem ursprünglichen Klang den Kirchenraum mit Musik erfüllt: „Gloria in excelsis Deo“ –
wie es auf den Schriftbändern der großen Engel zu Seiten des Orgel-prospekts steht.


Hans-Hubert Werner

ehrenamtlicher Geschäftsführer des Freundeskreises Musik und Denkmalpflege
in Kirchen des Merseburger Landes e. V.


Der Vorstand des Vereins:

Vorsitzender:
Michael Schönheit
Gewandhausorganist in Leipzig, Domorganist zu Merseburg

Geschäftsführer:
Hans-Hubert Werner

Öffentlichkeitsarbeit:
Dr. Peter Ramm

Künstlerische Beirat:
Denny Wilke

Schatzmeisterin:
Ute Keck

Vereinsarbeit:
Erhard Urban