Zur Geschichte der kleinen Ladegast-Orgel im Merseburger Dom


Sie ist das älteste erhalten gebliebene Werk aus Ladegasts Weißenfelser Werkstatt: „Vollendet am 27. Nov. 1850 […] Orgelbauer Ladegast aus Weißenfels“, wie eine Bleistiftinschrift in der einmanualigen Orgel bezeugt – ein handwerklich hervorragend gebautes kleines Instrument von hohem künstlerischem Wert, dessen Prospekt dem der ersten überhaupt von Ladegast geschaffenen Orgel in Tanneberg von 1838 ähnelt. Sie stammt aus der aufgegebenen und in Verfall begriffenen Dorfkirche Raschwitz, aus der das in kritischem Zustand befindliche, durch starken  Holzwurmbefall bereits erheblich geschädigte Instrument 1992 auf Veranlassung der Denkmalschutzbehörde geborgen und mit Unterstützung des Freundeskreises Musik und Denkmalpflege in Kirchen des Merseburger Landes unter Rekonstruktion des Zinnprospekts restauriert wurde (Fa. Rösel & Hercher / Saalfeld, Gehäuserestaurierung Hans Rothe / Burgliebenau). 1993 in der Michaeliskapelle am Merseburger Domkreuzgang feierlich eingeweiht und auch erstmals in den „Orgelsommer im Merseburger Land“ einbezogen, wurde es 2001, zunächst nur für die Restaurierungszeit der großen Orgel, als Interimsinstrument im südlichen Domseitenschiff aufgestellt. Dort aber entfaltete es mit seinen nur 10 Registern selbst in diesem ungleich größeren Raum eine erstaunliche Klangfülle, so daß es dort verbleiben sollte.

Wie andere frühe Instrumente Ladegasts bezeugt die kleine Orgel seine Verwurzelung in der mitteldeutschen Orgeltradition, die sich in der klassischen Disposition mit der für ihn typischen Dominanz der Achtfußregister und dem gravitätischen Klang mit seinem kräftigen Prinzipalchor widerspiegelt. Die kleine Dorfkirchenorgel ist im Merseburger Dom ein beeindruckendes Zeugnis für das Können des jungen Meisters, als er, noch weithin unbekannt, auf Fürsprache des damaligen Domorganisten und königlichen Orgelrevisors David Hermann Engel den Auftrag zur Erneuerung der großen Domorgel erhielt.